Schritte zur Lebensraumentwicklung
Destination
Schritte zur Lebensraumentwicklung
Lebensqualität Destination
MBA Frank Reutlinger
Geschäftsführer
Zürich & Thun, Schweiz
frank.reutlinger@kohl-partner.ch+41 44 533 50 40+41 79 204 93 93Zum AutorWeg vom Alleingang: Die Einheimischen sind wichtig für den Tourismus und nichts sollte „an ihnen vorbei“ gehen: (Verbesserungs-)Konzepte können gemeinsam erarbeitet werden, Herausforderungen nur mit gemeinsamem Fokus gemeistert werden. Das Denken über den Tellerrand hinaus öffnet den Blick für mehr als „das Touristische“.
Viele Destinationen haben mit Unterstützung von externen Berater:innen Leitlinien für die eigene touristische Entwicklung festgelegt. Die Methoden haben sich dabei im Laufe der Jahre merklich verändert. Waren es zu Beginn reine Expertenpapiere, werden diese Konzepte heute mit Beteiligung von Arbeitsgruppen bis hin zu moderierten Grossgruppenklausuren erarbeitet. Unabhängig von der Methode bleibt festzuhalten, dass die grösste Herausforderung touristischer Entwicklungskonzepte nach wie vor in deren Umsetzung liegt.
Das Hauptthema dieser Konzepte ist immer die Entwicklung des Tourismus – sie heissen ja schliesslich auch Tourismusentwicklungskonzepte. Warum aber lassen sich diese Konzepte so schwer realisieren? Ist vielleicht gerade der rein touristische Fokus ein wesentlicher Schwachpunkt? Greift dieser Fokus womöglich zu kurz und sollte grundsätzlich überdacht werden?
Kohl > Partner beschäftigt sich mit diesen Fragen bereits seit vielen Jahren und hat als mögliche Antwort das sogenannte „Lebensraumkonzept“ initiiert. Der Ansatz des Lebensraumkonzeptes weitet den rein touristischen Fokus aus: weg von dem, was „nur“ den Gästen gut tut, hin zu ganzheitlichen Überlegungen, in denen die Einheimischen einer Destination mit im Mittelpunkt stehen. Hinter dieser Überlegung steckt die Annahme, dass alles, was uns Einheimischen gut tut, fast immer auch für unsere Gäste gut ist. Mit anderen Worten: die Erhöhung der Lebensqualität für die Einheimischen führt meist auch zu einer Erhöhung der Urlaubsqualität der Gäste. Eine typische Win-Win-Situation wird erreicht. Tourismus, wie er bei uns stattfindet, passiert integrativ, d. h. der Lebensraum von uns Einheimischen ist gleichzeitig Urlaubsraum für die Gäste. Die beiden „Räume“ befruchten sich demnach gegenseitig, beispielsweise wenn das Ortsbild – primär für die Einheimischen, aber eben auch für die Gäste – verschönert wird. Natürlich gibt es auch kritische Situationen wie beispielsweise, wenn der Lebensraum zu gewissen Zeiten aufgrund großer Gästemengen fast „nur“ noch Urlaubsraum ist oder wenn ein Gast in seiner „entschleunigten“ Urlaubsstimmung den Verkehr aufhält, wir Einheimische es aber aus Termingründen eilig haben. (Hinweis: Denken Sie einmal daran, wie Sie selbst im Urlaub Auto fahren – da stört Sie wahrscheinlich auch, wenn hinter Ihnen jemand hupt und Sie mit eindeutigen Gesten in ein anderes Land schickt!)
Es ist also naheliegend, die Entwicklungsüberlegungen nicht als rein touristische Entwicklungen zu definieren, sondern vielmehr als Entwicklung unseres Lebensraums, also als etwas sehr „Persönliches“ von uns Einheimischen.
Lebensraum umfasst nicht nur alle Wirtschaftsbereiche (Handel, Handwerk, Landwirtschaft und Tourismus), sondern auch Überlegungen zur Energie- und Wasserversorgung, eine anspruchsvolle Architektur, ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Alltagskultur etc. Eine nachhaltige Entwicklung im Sinne des Lebensraums umfasst das ökonomische, sozial-gesellschaftliche und ökologische Handlungsfeld (siehe obige Grafik). Lebensraum hat viel mit Lebensqualität zu tun. Hans Magnus Enzensberger (deutscher Dichter, Schriftsteller) definiert Lebensqualität mit folgenden Begriffen:
Aus all diesen Überlegungen haben wir von Kohl > Partner Thesen zur Lebensqualität abgeleitet, die als Basis der Kohl > Partner-Lebensraumkonzepte dienen. Nachfolgend ein kurzer Auszug:
Eigentlich ist es kein Konzept, das erarbeitet wird, sondern ein Prozess, der begleitet wird. Ein wesentlicher Unterschied zu „klassischen Tourismusentwicklungskonzepten“ ist die Anzahl der involvierten Akteure, die bei den Zukunftsklausuren auf über 100 Personen ausgeweitet werden. Dementsprechend ist dann auch die Breitenwirkung in der Gemeinde. Die Vorbereitungsarbeiten und eine erste Analyse werden mit einer Arbeitsgruppe erarbeitet, in der Vertreter:innen aus allen Bereichen der Gemeinde (wirtschaftlich, politisch, sozial und kulturell) vertreten sind. Das „Herzstück“ des Entwicklungsprozesses sind - wie gesagt - zwei bis drei ca. halbtägige Grossgruppen-Klausuren (mit 100 bis 200 Personen), in denen die verschiedenen Interessensgruppen (Tourismus, Landwirtschaft, Handel, Handwerk, Gemeinde, Jugend, Senioren, Soziales, Vereine, „Nur-Einwohner“ etc.) als eigene Gruppen, die Vorarbeiten kritisch hinterfragen, die gegenseitigen Wünsche auflisten und die zukünftigen Leitlinien für sich selbst und für die Gemeinde/die Destination festlegen. Hierbei werden neben den üblichen Fragestellungen nach den Stärken und Schwächen, den Kernkompetenzen auch Fragen bearbeitet wie z. B.: Wie und wo wird Alltagskultur gelebt und erlebt? Welches sind die Werte, auf die wir setzen sollten? Wo finden Begegnungen zwischen Einheimischen, zwischen Einheimischen und Gästen, zwischen Gästen statt? Was macht unseren Lebensraum eigentlich aus?
Die im Anschluss abgeleiteten Schlüsselprojekte betreffen folglich nicht nur den Tourismus, sondern beinhalten auch Massnahmen, die den Ort in seiner Gesamtentwicklung weiterbringen sollen.
Nachfolgend einige beispielhafte Massnahmen und Projekte, die im Rahmen eines solchen Prozesses erarbeitet und umgesetzt wurden:
Im Anschluss an die Konzeptentwicklung wird der Fortschritt der einzelnen Projekte in jährlich stattfindenden Evaluierungssitzungen der gesamten Bevölkerung präsentiert und mit dieser kritisch reflektiert – und hier greift wieder der positive Ansatz in der Umsetzung: Keiner will vor den eigenen Mitbürger:innen eine „blöde Figur“ abgeben, sondern etwas präsentieren, das Sinn stiftet!
Lebensraumkonzepte sind kein Allheilmittel! Mit dem „Drehen“ der Sichtweise – weg vom touristischen Fokus hin zur Lebensqualität der Einheimischen (die wie bereits gesagt auch die Ferienqualität der Gäste umfasst) – wurde ein Zugang gefunden, der die Betroffenen – sprich die Einheimischen – mehr involviert und vor allem auch emotional anspricht. Es geht ja schliesslich um nichts Geringeres als den eigenen Lebensraum!
Kohl > Partner und seine Netzwerkpartner:innen begleiten viele erfolgreiche Unternehmen in der gesamten Hospitality-Branche und im Tourismus. Welche Projekte und Innovationen sind in Ihrer Pipeline? Ist Ihre Unternehmung richtig positioniert? Steht Ihr jährlicher Strategie-Prozess bevor? Wir begleiten Sie auf Ihrem Weg: Weitere Informationen und Dienstleistungen finden Sie auf unserer Website: www.kohl-int.ch.