Preis  Hotellerie 

19.10.2020
uservon Helmut List
Mag. (FH) Helmut List

Mag. (FH) Helmut List

Managing Partner & Geschäftsführer

Innsbruck, Österreich

helmut.list@kohl-partner.at+43 512 21 43 15+43 664 8588694Zum Autor

Impulse zum richtigen Umgang mit Pricing, Storno, Buchungsmodalitäten & Co.

Damit die Ferienhotellerie für den kommenden Winter einen klaren Kopf bewahrt

Welche Erkenntnisse Kohl > Partner aus dem Buchungsverhalten der letzten herausfordernden Monate zieht, um für kommenden Winter das Beste aus der Preispolitik von Hotelbetrieben zu holen.

Noch vor einigen Monaten gab es trübe Aussichten auf die touristische Entwicklung in unserem Land. Heute wissen wir mehr, haben gelernt, mit gewissen Veränderungen umzugehen, und sind glücklicherweise vielerorts mit einem blauen Auge davongekommen. Aber es gab Gewinner:innen und Verlierer:innen in der Österreichischen Hotellerie. So hat sich trotz anfangs verheerender Prognosen durch die gute Buchungslage in der verkürzten Sommersaison zumindest im Ferientourismus Optimismus breit gemacht. Stadt- und Businesshotels haben hingegen mit den Folgen von Covid-19 noch immer hart zu kämpfen.

Ein nüchterner Blick auf den heurigen Sommer hat auch gezeigt, dass gut positionierte und damit begehrliche Hotelprodukte besser als undifferenzierte „Problemlöser“ abgeschnitten haben. Auch beim Grad der Professionalisierung zeigten sich große Unterschiede. So waren einerseits viele Betriebe wie gelähmt vor Schreck. Andererseits gab es Hotels, die eine unglaubliche unternehmerische Gestaltungskraft aktivieren konnten. Man hat das Gefühl, dass einige die Zeit aktiv genutzt haben, grundlegende Dinge und gewachsene Gewohnheiten radikal zu hinterfragen.

Aktuell scheint ein Großteil (zumindest mittelfristig) sprichwörtlich über den Berg zu sein. Die Liquidität konnte durch Stundungen, staatlichen Überbrückungsfinanzierungen, Kurzarbeit usw. weitläufig gesichert werden. An Hygieneregeln im Hotelbetrieb haben sich sowohl Mitarbeiter:innen als auch Gäste gewöhnt, wenngleich unterschiedliche Vorschriften innerhalb der EU immer wieder für Irritationen sorgen.

Wirft man einen Blick auf das Buchungsverhalten der letzten Monate, scheint kein Stein auf dem anderen geblieben zu sein. Die Alpen wurden als Sehnsuchtsort (wieder)entdeckt und regelrecht überrannt. Buchungen wurden aber extrem kurzfristig getätigt, die Dauer der Aufenthalte ist vielerorts gesunken und insgesamt der Druck auf flexible Stornobedingungen stark gestiegen. Hotels haben daraufhin ihre über Jahre aufgebaute Preispolitik samt dazugehörigen Buchungsmodalitäten vielerorts über Bord geworfen.

Nun stehen Herbst und Winter vor der Türe, und damit verbunden wieder viel Ungewissheit. Kommt die prophezeite zweite Welle? Gibt es bald einen Impfstoff? Kommt es zu Reisebeschränkungen? Haben Gäste unter den vorherrschenden Bedingungen überhaupt noch Lust auf Urlaub? Wirkt sich die angespannte wirtschaftliche Gesamtentwicklung negativ auf den Alpentourismus aus?

Hinsichtlich einer zielführenden Preispolitik für die nächsten Monate sollten die veränderten Bedürfnisse der Gäste, aber auch die Zielsetzung aus eigener Sicht verinnerlicht werden:

Was will der Gast?

  • Sorglose Urlaubszeit
  • Sicherheit & Vertrauen
  • Flexibilität
  • Minimiertes Risiko
  • Per Auto anreisen
  • Relevante Information

Was will das Hotel?

  • Langfristige Buchungen
  • Planbarkeit
  • Gesicherte Liquidität
  • Preisniveau halten
  • Handlungsspielraum in der Preispolitik

Relevante Hypothesen für den Winter

Um die Frage zu beantworten, wie man seine Preispolitik für den kommenden Winter am besten aufstellt, hat Kohl > Partner mehrere preisrelevante Hypothesen aufgestellt:

Gast will Sicherheit:
Schlechte Erfahrungen und Geschichten über angebliche Storno-Desaster gebuchter Sommerurlaube lassen das Bedürfnis nach Sicherheit im Urlaubsort - aber eben auch bei der Buchung - zum relevanten Entscheidungsfaktor werden.

Verstärkte Konzentration auf Spitzenzeiten:
Unterschiedliche Gründe werden wie schon im Sommer auch im Winter zu einer stärkeren Konzentration der Nachfrage auf Ferienzeiten und Wochenenden führen. Gegengleich könnten größere Durststrecken in den Nebensaisonen auf uns zukommen.

Weniger Nachfrage bedeutet erhöhter Preisdruck:
Ein tendenzieller Nachfragerückgang bei gleichzeitig vorhandenen Überkapazitäten wird aufgrund zu erwartender Mechanismen der freien Marktwirtschaft zu sinkenden Preisen und damit steigendem Preisdruck führen.

Flexibilität mit höherem Stellenwert als günstiger Preis:
Aus den Erfahrungen des Sommers ist klar erkennbar, dass der Gast bereit ist, für Flexibilität entlang der Buchungsstrecke auch höhere Preise zu akzeptieren.

Dynamische Nachfrage verlangt dynamische Preispolitik:
So wie herausfordernde Zeiten eben spezieller Maßnahmen bedürfen, so verlangt das volatile und stark veränderte Nachfrageverhalten eine angepasste dynamischere Preispolitik als bisher.

Kurzfristige Änderung der Spielregeln erforderlich

Die Preishoheit obliegt immer noch dem Unternehmen, und das ist gut so. Erforderliche Änderungen können jederzeit durchgeführt werden, auch bei bereits veröffentlichten und vielleicht sogar gedruckten Preislisten. Es sind sowohl Adaptierung der Buchungsmodalitäten als auch der Preisstruktur möglich und sinnvoll. Gut überlegte Maßnahmen mit Steuerungsfunktion sind spontanem Preisdumping zum Füllen leerer Betten vorzuziehen.

Bedachte Flexibilisierung der Stornobedingungen

Vermitteln Sie durch angepasste Stornobedingungen ein (gefühltes) Mehr an Sicherheit, ohne aber komplett die Hosen runterzulassen. Sofern ein Urlaub im Hotel aufgrund eines allgemeinen Einreiseverbotes oder einer behördlich angeordneten Quarantäne des Betriebes nicht möglich ist, wird man um eine kostenlose Stornierung ohnehin nicht herumkommen. Die vielerorts zuletzt eingeführte Stornofrist bis zum Tag der Anreise stellt aus unserer Sicht jedoch keine zielführende Lösung dar. Man verliert durch solche Aktionen die gastseitig aufgebaute Akzeptanz der ursprünglichen Stornobedingungen. Auch der Betrieb braucht eine gewisse Planungssicherheit. Grundsätzlich sollte bei einer temporären Anpassung der Stornobedingungen das Prinzip der Fristigkeit angewendet werden. Als Anreiz für langfristige Buchungen könnten demnach Stornofristen bis z.B. 2 oder 3 Wochen vor Anreise angeboten werden. Kurzfristige Buchungen sollten keinen Storno-Vorteil mehr haben. Ein weiterer gangbarer Weg könnte die Verknüpfung flexibler Stornobedingungen mit höheren Preisen im Sinne einer „flexiblen Rate“ sein.

Anzahlungen als Steuerungsinstrument nutzen

Außerdem könnte die richtige Handhabe mit Anzahlungen einen positiven Effekt für den Hotelbetrieb bedeuten. Auch wenn man die Stornobedingungen für die aktuell herausfordernde Zeit etwas lockert, sollte man an einer restriktiven Anzahlungspolitik festhalten. Durch mehr Verbindlichkeit steigt erfahrungsgemäß der Anteil an ernstgemeinten Buchungen und verringert die Stornoquote. Sollte es dennoch zu unerwarteten Stornierungen kommen, könnte statt einer Refundierung mit einer Gutschrift (evtl. mit zusätzlichem Bonus) eine Gästebindung bewirkt werden. Die Verbesserung der Liquiditätssituation durch getätigte Anzahlungen stellt zusätzlich einen positiven Nebeneffekt für den Hotelbetrieb dar.

Kurzfristige Optimierung der Preispolitik

Eine instabile Preispolitik oder eine Flut an Sonderangeboten führen zu Verunsicherung beim Gast. Der Versuch, Auslastung über den Preis zu generieren, hat bekanntlich fatale wirtschaftliche Folgen. Die Devise sollte vielmehr lauten, gut nachgefragte Zeiten und kurze Aufenthaltsdauern stärker auszuschöpfen. Um dies zu erreichen, könnte ein Aufgeben der bisherigen Preispolitik samt Preisstaffelungen und Saisonzeiten erforderlich sein. Die Entwicklung der Buchungssituation sollte laufend beobachtet und entsprechende Adaptierungen durchgeführt werden. An dieser Stelle sollte man auch mit automatisierten Yield Management Tools vorsichtig sein. Häufig greifen diese Systeme auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit sowie Mitbewerberpreise zurück. Durch das Fehlen von Erfahrungswerten mit dieser speziellen Situation besteht dadurch die Gefahr sinkender Preise.

Vorsicht bei Verträgen mit Reiseveranstalter:innen

Man spürt, dass Reiseveranstalter:innen die jetzige Situation auch gerne im Verhandlungspoker nutzen. Das Buchungsverhalten der Reiseveranstalter:innen aus den vergangenen Jahren sollte als Entscheidungsgrundlage analysiert werden. Nachdem langfristige Prognosen aktuell kaum möglich sind, verhandelt man am besten die Preise ohne eingeforderte Reduktionen zu akzeptieren. Kontingente sollten hingegen den persönlichen Erwartungen angepasst werden. Strikte Stornobedingungen verhindern, dass die Vertriebspartner:in künftig nicht die eigenen Direktbucher-Bedingungen untergraben kann. Derzeit sollte man bestenfalls keine langfristigen Verträge mit Schnäppchen- und Deal-Veranstaltern abschließen. Bei kurzfristigen Aktionen gilt das Prinzip der Wirtschaftlichkeit, dem eine entsprechende Deckungsbeitragskalkulation zu Grunde liegt.

Richtiger Umgang mit Buchungsplattformen

Buchungsplattformen wie booking.com usw. werben aktuell massiv mit flexiblen Stornobedingungen und nicht erforderlichen Anzahlungen. Dennoch haben sich die grundlegenden Spielregeln im Umgang mit solchen Anbieter:innen aufgrund der Corona-Situation nicht verändert. Auffallend ist, dass bei vielen Hotelbetrieben auf Plattformen bessere Buchungsbedingungen als auf der eigenen Website vorherrschen. Hotels sollten darauf achten, den Gast bei Buchung über die Plattform sowohl bei den Anzahlungsmodalitäten als auch bei den Stornobedingungen keinesfalls besserzustellen. Sofern die Hypothese stimmt, dass Flexibilität buchungsentscheidender als ein günstiger Preis ist, sollten bei Abweichen der Bedingungen zumindest mutige Preisaufschläge berücksichtigt werden. Als Gegenmaßnahmen könnte man auf der eigenen Website aktiv mit einer Bestpreisgarantie und den ohnehin gelockerten Stornobedingungen werben.

Fazit & Empfehlung

Wir werden vorerst auf unbestimmte Zeit mit zahlreichen Unsicherheiten leben müssen. Die Krise erweist sich auch in Sachen Reise- und Buchungsverhalten als Trendbeschleuniger. Genau deshalb bietet sich jetzt die Gelegenheit, die eigene Preis-Strategie kritisch zu hinterfragen und neu aufzustellen. Statt Preise bisher jährlich bzw. pro Saison zu definieren, könnten mittelfristig monatlich durchgeführte Preis-Workshops zielführend sein. Mit einem Team aus Reservierung, Rezeption, Marketing und Geschäftsführung können auf Basis fundierter Analysen von Pickups, Buchungsvorschau usw. auch kurzfristig die richtigen Hebel in der Preisgestaltung bewegt werden. Damit verschaffen Sie sich einen guten Überblick und sind unternehmerisch gerüstet, um mit klarem Kopf die kommenden Monate zu meistern.

Möchten Sie mehr über innovative Preisstrategien erfahren, können Sie sich gern für unser Seminar am 19. November in Leogang anmelden.

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