Generationenwechsel & Betriebsübergabe  Hotellerie 

08.06.2021
Dr. Alois Kronbichler

Dr. Alois Kronbichler

Geschäftsführer

Südtirol, Italien

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Wenn der Pionier abtritt ... und der Junior antritt!

Die schwierigste Aufgabe im Unternehmerleben

Ein Hotel heute erfolgreich zu führen ist nicht leicht ... Sich vom mit viel Herzblut und Leidenschaft aufgebauten Lebenswerk zu trennen, ist aber vielleicht die schwierigste Aufgabe im Leben einer Unternehmer:in.

Dabei stellen sich für die Übergeber:in Fragen aus verschiedenen Perspektiven:

  • Wer wird den Betrieb übernehmen?
  • Wird der Betrieb in meinem Sinne weitergeführt?
  • Wie kann „mein Leben danach“ finanziell absichern?
  • Was werde ich nachher tun?
  • Wie kann ich das Erbe gerecht verteilen?
  • Wie können die Erbteilung und die Übergabe des Betriebes, rechtlich und steuerlich, so günstig wie möglich erfolgen?

Die rechtlichen Fragen sind dabei meist weniger problematisch. Schwierigkeiten gibt es hingegen bei persönlichen, psychologischen, unternehmerischen und betriebswirtschaftlichen Themen.

Bei den folgenden Überlegungen sollen speziell die Problematiken des Pioniers/der Pionierin der abtritt bzw. abtreten möchte, durchleuchtet werden.

Konflikte im Vorfeld der Übergabe

Die Übergabe eines Familienbetriebes beginnt nicht erst dann, wenn intern darüber gesprochen wird, sondern schon viel früher. Es geht dabei darum, wie die Familienangehörigen, die im Betrieb arbeiten, miteinander umgehen, welchen Umgangston sie pflegen und welche Erwartungen vor allem die Senioren an die Kinder haben. In Familienbetrieben ist es leider oft so, dass Erwartungen nicht ausgesprochen, umso mehr aber eingefordert werden.

Zwei Beispiele dazu: Die (erwartete) dauernde Präsenz aller Familienmitglieder im Betrieb, unabhängig davon, ob viel zu tun ist oder nicht (aber es könnte ja sein ...). Oder der feste Glaube der Pioniere, dass der Betrieb nur dann erfolgreich weitergeführt werden kann, wenn die Jungen den gleichen hohen zeitlichen und emotionalen Einsatz zeigen wie sie.

Oft ist die Sache ziemlich verfahren, wenn der mögliche Übergabezeitpunkt näher rückt. Nicht selten herrscht zwischen Eltern und den potenziellen Nachfolger:innen leider Funkstille und die familieninternen Reibereien wirken sich negativ auf das Geschäft aus. Die Bereitschaft, wichtige Zukunftsentscheidungen zu treffen, erlischt allmählich. So macht sich im Laufe der Zeit bei beiden – den Senioren und den Junioren – Resignation breit (die „Schuld“ liegt natürlich immer beim anderen) und es kommt zu Fällen, bei denen die Übergabe des Betriebes nicht mehr möglich ist.

Tipp von Kohl > Partner:

  • arrowboldAlle Familienmitglieder, die im Betrieb arbeiten, sollten sich regelmäßig (z.B. 1 x pro Woche) zu Besprechungen treffen, bei denen betriebliche Angelegenheiten, aber auch der Umgang miteinander Thema sein sollten. Für diese Besprechungen braucht es einige formelle Regeln, wie z.B. keine Störungen von außen, keine Handys, Pünktlichkeit u.Ä. und einige Verhaltensregeln: So sollte es verboten sein „Gedanken zu lesen“, d.h. Erwartungen, Fragen, Wünsche und auch Kritik müssen – nicht sollten – ausgesprochen werden können. Jeder einzelne ist dafür verantwortlich! Die Erwartung, dass andere wissen müssten, wie ich mich fühle, ohne es zu sagen, führt garantiert zu Konflikten.
  • arrowboldReservieren Sie sich Zeiten, wo nicht über den Betrieb gesprochen wird. Das ist übrigens auch Ehepartnern zu empfehlen, wenn sie nicht wollen, dass die Partnerschaft zur reinen Betriebsverwaltung degradiert.

Erhaltung der Zukunftsfähigkeit des Betriebes

Pioniere, die eine gute Nachfolgeregelung anstreben, sollten die strategische, betriebswirtschaftliche, finanzielle und organisatorische Zukunftsfähigkeit des Betriebes auch ohne seine/ihre Person planen. Viele Hotels sind (zu) stark auf die Person des Pioniers ausgerichtet, sodass sie ohne diesen Mann bzw. ohne diese Frau nicht funktionieren. Mit Aussagen wie: „Das haben wir immer schon so gemacht!“ oder „Du wirst schon sehen, das funktioniert nicht!“, werden Strategie und Strukturen gerechtfertigt, die den neuen Wettbewerbssituationen nicht gerecht werden.

Tipp von Kohl > Partner:

  • arrowboldFühren Sie – wenn möglich mit einem Externen – eine detaillierte Analyse der betriebswirtschaftlichen Situation, der strategischen Ausrichtung, der Führungsstruktur etc. durch und leiten Sie entsprechende Verbesserungsmaßnahmen ab.

Die „Hinhalte-Technik“

„Dir gehört einmal alles!“, mit diesem Satz versuchen die Pioniere, die Jungen zu beruhigen und ... nichts zu tun! Es kommt nie zu konkreten Vereinbarungen. Auf die Frage der Junioren, wann denn „endlich“ die Übergabe erfolgt, antworten die Pioniere beispielsweise so: „Warum hast du es denn so eilig? Du wirst doch noch warten können!“ Diese Hinhalte-Technik funktioniert bestens und wenn die Jungen wegzugehen drohen, bekommen sie ein kleines Stückchen vom Kuchen, aber nie so viel, um sich für den Betreib wirklich verantwortlich zu fühlen.

Tipp von Kohl > Partner:

  • arrowboldEntwickeln Sie gemeinsam einen Stufenplan, wo festgehalten wird, wann die Jungen gewisse Verantwortungsbereiche übernehmen und wann die Übergabe vollzogen sein soll.

Die „Scheinübergabe“

Der Pionier übergibt offiziell, die Jungen bekommen die Mehrheit an der Betriebsgesellschaft, doch das Sagen haben immer noch die Senioren. Meist hängt das damit zusammen, dass sich die Pioniere die Finanzen zurückbehalten. Die emotionalen Abhängigkeiten in der Familie führen oft dazu, dass mit unterschiedlichsten Mitteln versucht wird, vom Ziel abzulenken.

Tipp von Kohl > Partner:

  • arrowboldEine Betriebsübergabe kann nicht gewisse Bereiche ausschließen und schon gar nicht die Finanzen! Es ist der Pionier, der sagen muss, ob und bis wann er den Betrieb mit allen Konsequenzen abgeben will. In anderen Worten: Eine echte Übergabebereitschaft des Pioniers ist unabdingbar!

Die Angst vor dem „Danach“

Pioniere haben den Betrieb mit hohem persönlichem Einsatz mit viel Leidenschaft und auch Mut aufgebaut. Viele Unternehmer:innen leben „exklusiv“ für den von ihnen entwickelten Betrieb. Je mehr sich die eigene Identität mit dem Betrieb deckt, desto größer ist die Angst loszulassen. Bei Pionieren geht es dabei um zwei Arten von „Ängsten“: Einerseits haben sie Angst, die Jungen könnten mit „neumodischen Managementmethoden“ den Betrieb zugrunde richten, andererseits sitzt der „Pensionsschock“ bei Pionieren oft tiefer als bei Arbeitnehmer:innen. Die persönlichen Interessen und die Freizeit wurden ja immer hintenangestellt.

Tipp von Kohl > Partner:

  • arrowboldPflegen Sie Freunde und Hobbys. Reservieren Sie sich Zeit für sich selbst und für Ihre Partnerschaft, auch und obwohl der „Betrieb“ es scheinbar nicht zulässt!

Die nicht geregelte Erbfolge

Gerade in kleinen und mittleren Betrieben, in denen die Pioniere oft einen patriarchalischen Führungsstil praktizieren, gibt es eine Abneigung gegen schriftliche Festlegungen und Planungen. Die Pioniere sind zwar bereit, über die Betriebsübergabe zu diskutieren, aber nicht mehr. Gespräche über eventuelle Auszahlungen an Geschwister werden tabuisiert und somit entstehen Unklarheiten bei allen Beteiligten. Die Betriebsnachfolger:in glaubt, dass die Geschwister wohl verstehen werden, dass sie nichts bzw. wenig bezahlen kann, die Geschwister ihrerseits denken sich, wenn er jetzt wieder Millionen investiert hat, werden wohl einige Hunderttausend Euro für uns nicht zu viel sein.

Tipp von Kohl > Partner:

  • arrowboldEine geregelte Erbfolge ist die Voraussetzung für eine geordnete Betriebsübergabe und nicht umgekehrt! Klären Sie gemeinsam mit allen Kindern die Erbfolge und erklären Sie allen Beteiligten, dass nicht der Substanzwert eines Betriebes entscheidend ist, sondern der Ertragswert, der auch die „Investitionsschulden“ (Investitionen, die im Betrieb anstehen) berücksichtigt.

Unterstützung von außen

Für viele Pioniere ist es eine „Todsünde“ sich bei familieninternen Problemen unterstützen zu lassen. „Diese Sachen gehen andere nichts an! Das müssen wir schon selbst klären!“, so die Antwort eines Seniors, auf die Frage seines Sohnes, ob es nicht sinnvoll wäre, bei der Betriebsübergabe die Unterstützung einer externen Berater:in in Anspruch zu nehmen.

Einem guten Coach sollte es gelingen, die familieninternen Spannungen ansprechbar zu machen. Wichtig ist dabei, dass sich weder die Senioren noch die Junioren übergangen fühlen. Ein guter Coach/Begleiter:in sollte für Klarheit bei nachfolgenden Punkten sorgen:

  • Ist der Pionier ehrlich gewillt, den Betrieb mit allen Konsequenzen zu übergeben?
  • Ist der Betrieb konzeptionell den zukünftigen Herausforderungen gewachsen?
  • Ist der Betrieb betriebswirtschaftlich (Verhältnis Umsatz zu Fremdkapital, Berücksichtigung der Investitionsschulden etc.) überlebensfähig?
  • Gibt es eine Nachfolger:in, der die Fähigkeit und die Lust hat den Betrieb zu übernehmen?


Tipp von Kohl > Partner:

  • arrowboldLassen Sie sich von einem erfahrenen Berater bei diesem emotional schwierigen Prozess begleiten und fixieren Sie nicht nur die Erbteilung und den Übergabezeitpunkt, sondern legen Sie in einem Übergabevertrag u.a. folgende Punkte fest: Leibrente, Wohnrecht, Altersversorgung, Essen im Betrieb etc.

Dieser Artikel beschäftigt sich vorwiegend mit den Schwierigkeiten der Betriebsübergabe aus der Sicht der Pioniere/Senioren. Im nächsten Pressedienst von Kohl > Partner werden wir uns mit der Problematik aus der Sicht der Junioren auseinandersetzen.

Für Rückfragen steht gerne zur Verfügung:
Alois Kronbichler
suedtirol@kohl.at

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