Neben diesen allgemeinen Strategien und Möglichkeiten sollte der PraxisTalk vor allem dazu genutzt werden, sich über Best-Practice-Beispiele auszutauschen. Dafür wurden drei weitere Referenten eingeladen, die über ihre Initiativen und Erfahrungen des letzten Jahres berichteten.
Die Karlsruher „smart@home“-Kampagne erlangte vergangenes Jahr bereits einiges an Bekanntheit – nicht zuletzt durch das humorvolle Video. Karén Weber, Marketingleitung der Karlsruhe Tourismus GmbH, erzählt, dass die ursprüngliche Idee war, die digitalen Kulturangebote der Stadt zu sammeln. Innerhalb weniger Tage entwickelte sich daraus die Kampagne, die Angebote aus den Bereichen Shopping, Food, Abenteuer und Hotels eine Plattform bietet. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich daraus eine nie dagewesene Dynamik: Ergänzungen folgten durch weitere Ideen wie Ausmalheften, über das besagte Video bis hin zu Fahrradkurieren der Wirtschaftsförderung und der Erstellung der Seite „Karlsruhe hilft“ auf Initiative des Oberbürgermeisters. Der Tourismus übernahm somit plötzlich eine leitende Funktion und stand, nicht nur nach außen, sondern vor allem auch innerhalb der Stadt, im Fokus. Auch der Digitale Roundtable für Leistungsträger:innen wurde sehr gut angenommen und gipfelte im 1. Digitalen Karlsruher Tourismus Barcamp, aus dem weitere kreative Ideen und Strategien für die Zukunft entstanden sind. Zusammenfassend bezeichnet Weber das Jahr für das Team als „das beste Jahr, das wir je hatten“, da sich jeder kreativ mit vollem Einsatz eingebracht hat und auch innerhalb der Stadt eine nie dagewesene Zusammenarbeit stattgefunden hat, wobei alle an einem Strang gezogen haben – etwas, das ihnen hoffentlich noch lange erhalten bleibt!
Auch Deniz Özkul, Geschäftsführerin des FreudenStadtMarketing e.V., berichtet trotz aller Schwierigkeiten von mehr Zeit, sich kreativ auszutoben und Dinge umsetzen zu können, für die bisher die Zeit fehlte. Dabei entstand eine Vielzahl an realisierten Projekten: Unter anderem konnten bis Januar sieben Pop-Up-Stores in der Innenstadt realisiert werden, es wurde eine App implementiert, in welcher Akteure ihre Angebote veröffentlichen können, der Online-Adventskalender mit Tagesgewinnen aus der Region konnte über 10.000 Teilnehmer erreichen. Im zweiten Lockdown wurde dann eine Übersicht über alle aktuellen Services der Händler:innen und Gastronom:innen geschaffen – mit Informationen zu Lieferung und Abholung, Schaufenster-Shopping und weiteren Möglichkeiten, was in Freudenstadt vor allem über Weihnachten sehr gut angenommen wurde. Auch hier war das Jahr geprägt durch eine gute und intensive Zusammenarbeit von Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung und Tourismus. Für dieses Jahr soll der Fokus vor allem auf dem Ausbau der digitalen Angebote liegen, welche die stationären Betriebe stärken können. Dazu gehören digitale Gutscheinsysteme, Speisekarten und Schaufenstershopping per QR-Code.
Auch in Waiblingen wurde die Zeit im vergangenen Jahr für die Digitalisierung für den Tourismus genutzt, wobei das Thema Open Data im Fokus stand. Sabine Nestler, Leiterin der Wirtschaft, Tourismus, Marketing GmbH Waiblingen, plädiert dafür, die aktuelle Zwangspause für strukturelle Vorbereitungen vorhandener touristischer Daten zu nutzen. Sie verweist auf das veränderte Verhalten und die Gewöhnung der Gäste an Apps und die Erwartung, jederzeit aktuelle und verlässliche Daten zu Öffnungszeiten, Angeboten etc. zu erhalten. Um hier sichtbar zu sein, bilden gut gepflegte, strukturierte und Open-Data-konforme Daten die Basis, denn diese können von Suchmaschinen verstanden und ausgespielt werden und erfüllen die Ansprüche der Gäste. Außerdem erhöhen diese Daten die Sichtbarkeit der Destination im Netz, da diese auf verschiedensten Kanälen auf regionaler, aber auch nationaler Ebene sowie auf verschiedenen Plattformen wie Tourenplaner:innen, Verkehrsanbieter:innen, etc. ausgespielt werden können. Auch für das Stadtmarketing ist das Thema relevant, da diese Daten nicht nur klassische touristische Bereiche betreffen, sondern auch Daten zu Events oder Shopping relevant sind und einen Mehrwert bieten können. Ein weiterer Schritt ist es dann, den Gast nicht nur zu informieren, sondern ihm direkt Buchungsmöglichkeiten anzubieten, um auf diesem Weg auch Umsatz für die Destination zu generieren. Wichtig ist, so Nestler, den potenziellen Kund:innen am richtigen Punkt abholen und die richtigen Informationen zur richtigen Zeit liefern.
Insgesamt war dieser PraxisTalk vor allem von dem Gefühl geprägt, dass sich im vergangenen Jahr trotz Krise auch sehr viel Positives entwickeln konnte und eine unglaublich kreative Zusammenarbeit innerhalb der Stadt entstanden ist. Dabei waren auch Kampagnen erfolgreich, die durch die Inspiration aus den eigenen Reihen gespeist und ohne große Vorlaufzeiten entwickelt wurden. Für den Tourismus gab es hierbei häufig neue Rollen und Aufgaben: Oft war die Tourismusorganisation die treibende Kraft und konnte durch seine bestehenden Kanäle und Strukturen nicht nur Gästen, sondern vor allem auch der lokalen Bevölkerung und der gesamten Stadt einen Mehrwert bieten. Die Zusammenarbeit mit Stadtmarketing und Citymanagement sowie der Zusammenhalt innerhalb der gesamten Stadt wurde dabei deutlich intensiviert. Trotzdem muss bei dem Blick in die Zukunft berücksichtigt werden, dass Städten große Herausforderungen und Strukturveränderungen bevorstehen. So werden Themen wie Regionalität und Authentizität auch im Städtetourismus wichtiger und die Angebote müssen auf die neuen Anforderungen der Gäste angepasst werden. Vor allem die Digitalisierung wird in der Belebung und Sicherung der Innenstädte eine bedeutende Rolle spielen. Es wurde deutlich, welche großen Entwicklungen hier im vergangenen Jahr angestoßen wurden. Hier gilt es nun, diesen Schwung zu nutzen und darauf achtzugeben, den Anschluss nicht zu verlieren.
Insgesamt konnte aus diesem PraxisTalk jedoch eine überwiegend optimistische Stimmung mitgenommen werden und die Überzeugung, dass auch diese Krise von den Städten und dem Tourismus gemeinsam gemeistert werden kann.