Bauen - Investieren  Hotellerie 

22.03.2022
MSc Sandra Fleißner

MSc Sandra Fleißner

Beraterin

Villach, Österreich

sandra.fleissner@kohl-partner.at+43 4242 21123+43 664 85 45 774Zum Autor

Bauen und investieren in der Hotellerie – wirklich 1:0 für Südtirol?

Wissen Sie, warum die Südtiroler:innen beim Olympischen Super G-Skirennen nur mit einem linken Handschuh fahren? Damit sie im Ziel den Österreicher:innen schneller gratulieren können.
Dieser abgebrauchte Witz gilt in den Köpfen vieler Touristiker:innen für Investitionen in der Ferienhotellerie, aber genau umgekehrt!

Die ÖHV und Kohl > Partner blickten hinter die Bau-Kulissen der Südtiroler Top Hotellerie

Brigitta Brunner vom Campus der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) hat mit Kohl > Partner, Sandra Fleißner und Daniel Orasche, ein 5-Jahres Programm mit 7 Trend- und Studienreisen entwickelt. Der ÖHV ist es wichtig, dass österreichische Hoteliers Einblicke in touristische Betriebe bekommen, an die diese Unternehmer:innen üblicherweise nicht herankommen. Trotz guter Weiterbildungsangebote ist es oft schwierig die neuesten und aktuellsten Entwicklungen im Detail zu erfahren und vor Ort zu erleben. Deshalb organisieren die ÖHV und Kohl > Partner jährliche Studienreisen mit thematischen Schwerpunkten und Fachinputs von Forscher:innen und Spezialist:innen. Die 1. Tour ging im vergangenen Herbst nach Südtirol. Da viele Hoteliers das Thema „Bauen & Investieren“ beschäftigt, blickten wir hinter die Bau-Kulissen der Südtiroler Top Hotellerie.

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Welche Entwicklungen werden auf die Südtiroler Hotellerie in Zukunft einwirken?

Die 16 Teilnehmer:innen erfuhren in allen 6 besichtigten Hotelbetrieben von 3 zentralen Entwicklungen, die auch die Südtiroler Hoteliers beschäftigen:

  • Die Südtiroler Top-Hotellerie sagt ebenfalls: „Achtung vor der steigenden Inflation!“ Nicht nur bei den Baukosten, sondern auch bei den operativen Hotelkosten. Eine Preis-Indexanpassung muss in Zukunft wohl über den üblichen Inflationsanpassungen liegen
  • Die Mitarbeiter:innen-Problematik ist auch in Südtirol eine zentrale Angelegenheit
  • Die Top Hotellerie ist nach der Covid-Phase 2021 (Frühjahr) auch „schneller in Schwung“ gekommen als die „übliche“ Hotellerie (ähnliches Bild wie in Österreich)

Was kann die österreichische Hotellerie von Südtirol lernen?

Die Kooperationsbereitschaft ist in Südtirol ausgeprägt. Über Betriebsdaten und Kennzahlen wird offen und transparent gesprochen. Joachim Nischler, vom Dolce Vita Hotel Lindenhof, gab Einblicke in die Dolce Vita Hotel-Gruppe und zeigte wie eine Hotel-Kooperation funktioniert.

Mut zum Preis! Die Südtiroler Top Hoteliers haben das Wort Rabatt wohl aus ihrem Wortschatz gestrichen. Ihr stetiger Mut zum Preis zeigt, dass GOPs von 40 % der Gesamterlöse in der Ferienhotellerie auch mit hohen Dienstleistungselementen (full hotel mit Restaurant etc.) machbar sind.

Revenue Management. Südtirol gibt mit variablen Preisen Gas und verschafft sich somit weitere hohe GOP-Sicherheiten! Immer mehr Südtiroler Hotelbetriebe implementieren, trotz hoher Stammgästeanteile aus Deutschland, ein Revenue Management in ihrem Betrieb. Dynamische Preise bringen (bei vorhandener Übernachfrage und einem passenden Produkt) gegenüber statischen Preisen einen durchschnittlichen Erlössprung von 8 bis 10 %. Im Parkhotel Holzner wurde über die letztjährige erfolgreiche Revenue Management Einführung berichtet.

Der regionale Kulinarik-Stolz ist ausgeprägt! Südtirol setzt seit Jahrzehnten auf die regionale Kulinarik und etabliert sich mit diesem Thema, wie die Teilnehmer:innen im Hotel & Gasthof zum Hirschen in Jenesien erfahren konnten.

Die Südtiroler verfügen über einen ausgeprägten Multilingualismus bzw. eine oft flächendeckende Mehrsprachigkeit (Italienisch, Deutsch und Englisch werden nahezu flächendeckend sehr gut gesprochen). Dies belegte Stefan Hinteregger vom *****Forestis Dolomites Hotel. Für seine Top ausgebildeten 95 Kolleg:innen im Hotel wird ein employer branding-Konzept gelebt.

Auch in Österreich sind die Südtiroler Finanzierungs-Kennzahlen üblich

Um Hotel-Finanzierung in Südtirol und Österreich zu vergleichen, konnten die Teilnehmer:innen mit einem Experten diskutieren. Michael Falkner, Prokurist BTV Vier Länder Bank, referierte im Hotel Forestis Dolomites. Folgende ähnliche Finanzierungs-Kennzahl zwischen den beiden Ländern konnten festgestellt werden:

  • Umsatz zu Obligo-Verhältnis: 1 zu 2 – liegt der Verschuldungsgrad deutlich höher, wird es mit den Tilgungen herausfordernd. Essentieller ist die Hotelfinanzierungs-Kennzahl GOP zu Obligo
  • GOP zu Obligo-Verhältnis: 1 zu 8 – liegt der Verschuldungsgrad höher, ist die Investition bzw. der Umbau genau zu prüfen! Diese Kennzahl ist in Südtirol und auch in Österreich relevant
  • Die Eigenkapitalvorgabe sollte mindestens 20 % betragen. Aufgrund der sehr guten GOPs in Südtirol, kann in Österreich der Eigenkapitalanteil höher sein. Relevant für die Eigenkapitalvorgabe des Finanzierungspartners sind die prognostizierten GOPs in einem detaillierten Business- und Investitionsplan
  • Die Finanzierungsdauer sollte im Durschnitt bei 17 – 18 Jahren für die Immobilie betragen und im Schnitt 8 Jahre für die Einrichtung und Ausstattung (FF&E). Die Schuldentilgungsdauer sollte im Durchschnitt (Baukörper, FF&E), somit 15 Jahre betragen. Dieser Zeitraum gilt in Südtirol und in Österreich
  • Die Junghoteliers bilden sich im Controlling laufend weiter und kennen ihre Finanzierungs- und Betriebskennzahlen im Detail. Dies erfuhren die Teilnehmer:innen im Hotel Alpine Spa Viktoria von Jungunternehmer Lukas Platzer vor Ort in der Praxis



Wo hat die Österreichische Hotellerie nun die Nase vorne?

  • arrowboldDie Österreichische Hotellerie kann auf sichere Investitionsförderungen zurückgreifen. Investitionsförderungen sind in Österreich sicher und vorhanden. Wie Bankenexperte Michael Falkner bestätigte: „In Südtirol gibt es bei Hotel-Investitionen kaum Förderungssicherheiten. Verlorene Zuschüsse bzw. nicht rückzahlbare Förderungen für Hotel-Investitionen sind in Südtirol bzw. Italien unsicher.“
  • arrowboldIn Österreich wird die Vorsteuer bei Hotel-Investitionen ausbezahlt. In Südtirol muss die Vorsteuer vorfinanziert werden
  • arrowboldDer Gäste Nationalitäten-Mix in Österreich ist breiter aufgestellt. In Südtirol hat man sich vor allem auf den deutschen und italienischen Herkunftsmarkt fokussiert. Falls einer dieser Basismärkte in Zukunft unter Druck gerät, ist Österreich im internen Vergleich breiter aufgestellt
  • arrowboldDie Covid-19-Unterstützungen für die Österreichische Hotellerie waren gegenüber der Südtiroler Hotellerie effektiver
  • arrowboldÖsterreich verfügt über eine professionell aufgestellte Hotel-Interessensvertretung, welche in der Bundeshauptstadt sitzt und sich flächendeckend in ganz Österreich für die Interessen der Hotellerie einsetzt. Die ÖHV beschäftigt sich mit Zukunftsthemen, hat das Ohr bei den Unternehmer:innen und kommuniziert laufend mit politischen Entscheidungsträgern

Aus der Sicht von Kohl > Partner steht es im Ländervergleich in der Hotellerie beim Thema „Bauen & Investieren“ zwischen Österreich und Südtirol 1 zu 1. Generell gilt in beiden Ländern weiterhin: „Wer falsch in der Hotellerie investiert, kann untergehen. Wer nicht investiert, wird untergehen.“, so Daniel Orasche.

Wie sich die Verkehrsproblematik in Südtirol und die kommunalen Bettenobergrenzen auswirken werden, gilt es genau zu beobachten. Damit die österreichische Hotellerie in Zukunft punktet, sind wohl noch

  • mehr Mut zum Preis (Revenue Management und höhere Preise sind der Hebel um den GOP zu steigern),
  • mehr Kooperationen und
  • strategisches Employer Branding (Mitarbeiter-Marketing und -Bindung) essentiell.


Für die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) und Kohl > Partner gilt weiterhin:

Studienreisen sind wertvoll, weil einerseits neue Erkenntnisse auftreten, Betriebe besichtigt werden können und andererseits der Erfahrungsaustausch mit neuen Kollegen:innen die eigene Kooperationsbereitschaft fördert!

Die ÖHV und Kohl > Partner planen deshalb bereits die nächste Studienreise im Herbst 2022 – siehe: https://www.kohl-partner.at/de/studien-trendreise-2022.html

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